Krisen-Kommunikation: Am Beispiel Corona in Kliniken

 

Covid-19-Ausbruch im Krankenhaus:

Dieses Schreckensszenario hat sich in den vergangenen Wochen deutschlandweit immer wieder zugetragen.

Betroffen sind beispielsweise Kliniken in Hamburg, Potsdam, Essen, Bernau bei Berlin und Bad Mergentheim.
Zeitgleich mit der Gesundheitskrise bricht in solchen Fällen auch eine Kommunikationskrise aus. Obschon die medizinische Versorgung und alle Aktivitäten, die eine weitere Verbreitung verhindern, ohne Frage oberste Priorität haben, sollte die Wucht der öffentlichen Wahrnehmung nicht unterschätzt werden.

Gerade im Gesundheitsbereich – und besonders in dieser Pandemie-geprägten Zeit – gilt es, sensibel, rasch und verantwortungsbewusst zu informieren.

Für diesen Beitrag haben wir uns mehrere Fälle und ihre mediale Aufbereitung genauer angesehen. Leider offenbaren einige der betroffenen Kliniken Fehler und Schwächen in der Kommunikation ihres Krisenmanagements.

Dabei wäre durchaus Zeit gewesen, sich bereits im Vorfeld mit dem Ernstfall auseinanderzusetzen. Spätestens seit Mitte März dürfte den Verantwortungsträgern bewusst sein, dass die Möglichkeit eines unkontrollierten Corona-Ausbruchs in ihren Einrichtungen wahrscheinlicher wird.

Auch vor der Pandemie bestand stets die latente Gefahr, dass sich Patienten während eines Klinikaufenthalts infizieren – etwa mit gefährlichen Keimen. Auf solche Krisen vorbereitet zu sein, gehört zum Know-how einer guten Unternehmenskommunikation.

Im Folgenden haben wir anhand aktueller Beispiele einige Tipps zusammengestellt.

Sie entsprechen im Grunde den allgemeinen Prinzipien der Krisenkommunikation, sind jedoch für Kliniken aktuell von besonders herausragender Bedeutung.

Zeitnah und ehrlich

„Vertrauen erfordert Transparenz“, beginnt ein Kommentar von Sabine Schicketanz, der Chefredakteurin der „Potsdamer Neuesten Nachrichten“, der am 1. April 2020 erschienen ist. Darin kritisiert sie den Umgang des zweitgrößten Krankenhauses im Bundesland Brandenburg mit einer Covid-19-Welle im eigenen Haus. Zwar habe es eine Pressekonferenz gegeben, schreibt Schicketanz, doch seien weder das Ausmaß, noch die betroffene Abteilung – die Geriatrie – öffentlich benannt worden.Inzwischen hat der Skandal sich erheblich ausgeweitet. Am 18. April – fast drei Wochen nach Schicketanz‘ Kritik – berichtete der „Spiegel“, die Leitung der Ernst-Bergmann-Klinik habe erstmals Versäumnisse eingeräumt.

Das Nachrichtenmagazin zitiert die Geschäftsführung mit dem butterweichen Statement, „eine kritische Entwicklung im Rahmen der Corona-Pandemie“ sei „nicht ausreichend erkannt worden.“ Einem am 28. April ausgestrahlten ZDF-Bericht zufolge sind bislang 42 Patienten in der Klinik an Covid-19 gestorben, mehr als 80 Patienten und 100 Mitarbeiter haben sich infiziert. Eine Angehörige erhebt im ZDF schwere Vorwürfe.

Gegen die – mittlerweile beurlaubte – Geschäftsführung liegt mindestens eine Strafanzeige vor. Das Krankenhaus duckt sich weg, lässt die ZDF-Anfrage unbeantwortet. Damit exerziert die kommunale Klinik vor, wie man durch Intransparenz öffentliches Vertrauen verspielt.

Mit einer Stimme sprechen

Ein dramatischer Verlauf ereignete sich auch im Hamburger Uniklinikum Eppendorf (UKE). Dort breitete das Virus sich in der Onkologie aus – rund 40 Patienten und Mitarbeiter der Krebsstation infizierten sich. Auch dieser Fall beschäftigt sowohl die Medien als auch die Justiz: NDR-Informationen zufolge prüft die Hamburger Staatsanwaltschaft einen Anfangsverdacht auf eine Straftat.

Immerhin räumte das UKE öffentlich Fehler ein und drückte ernsthaftes Bedauern aus.

Allerdings offenbart sich hier ein anderes Manko: Die verschiedenen Beteiligten sprechen nicht mit einer Stimme. So berichtet der „Spiegel“, die Leiterin der UKE-Infektiologie, Marylyn Addo, habe am 8. April behauptet, die Corona-Lage in Hamburg sei „stabil, kontrolliert und ruhig“. Dabei sei zu jenem Zeitpunkt der GAU in der eigenen Onkologie „offenbar nicht nur intern bereits bekannt“ gewesen. Noch gravierender sind medial ausgetragene Dissonanzen zwischen dem Hamburger Senat und dem Klinikum, ob das UKE rechtzeitig über die Häufung der Infektionen informiert habe.

Empathie

Klinikkommunikation ist ein äußerst sensibles Feld. Es geht nicht nur um viel Geld und zahlreiche Arbeitsplätze, sondern vor allem um Menschenleben und grundlegende ethische Fragen. Deswegen ist es wichtig, empathisch zu agieren. So berechtigt das Medieninteresse an akuten Ereignissen sein mag, sollte doch die Information des Klinikpersonals sowie der Patienten und Angehörigen an erster Stelle stehen. Niemandem ist es zuzumuten, ihn oder sie persönlich betreffende Informationen zu einem Corona-Ausbruch erst aus der Zeitung zu erfahren. Durchaus vertretbar ist es hingegen, Medienanfragen zunächst mit einer begründeten Bitte um Zeit und Verständnis zu begegnen.

Wird es versäumt, Betroffene auf einfühlsame, faire und transparente Art ins Bild zu setzen, kann dies Zorn, Leid und Verbitterung auslösen – Emotionen, die wiederum an die Öffentlichkeit gelangen und dort die sachlichen Informationen in den Schatten stellen. „Frontal 21“ etwa stellt in seinem Bericht über das Potsdamer Klinikum die aufgewühlte Tochter einer in der Geriatrie verstorbenen Seniorin in den Mittelpunkt.

Verständnis erreichen, Erfolge benennen

Ein Corona-Ausbruch im Krankenhaus ist schwerwiegend, muss aber nicht immer als medizinischer und kommunikativer Super-GAU enden. Zur Wahrheit gehört auch, dass die Ansteckungsgefahr durch das SARS-CoV-2-Virus zunächst flächendeckend unterschätzt wurde und selbst das Robert-Koch-Institut (RKI) nur bei auftretenden Symptomen Tests empfahl. Auf diese Weise konnten etwa Personen mit leichten oder gar keinen Symptomen die Krankheit unbemerkt auch in Kliniken einschleppen – ohne dass dies gleich ein Verschulden seitens der Krankenhäuser bedeutet.

Solche Zusammenhänge zu erklären, Verhältnismäßigkeiten und Vorgehensweisen zu erläutern und dadurch mehr Verständnis zu erreichen, gehört zu den Tugenden einer guten Krisenkommunikation. Falls die Folgen des Ausbruchs nicht zu gravierend sind, können auch die Erfolge einer bewältigten Krise thematisiert werden.

So überschrieb eine baden-württembergische Klinik ihre Pressemitteilung: „Ein großartiges Team managt den ersten Corona-Ausbruch in der Median-Klinik Hohenlohe Bad Mergentheim“. Im Text folgten Informationen zum – nicht unerheblichen – Ausmaß der Infektionen und zu den getroffenen Maßnahmen. Im Vordergrund stand aber das Lob des eigenen Personals. „Herzlichen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hohenlohe: Ihr seid ein tolles Team!“

Damit erreicht das Krankenhaus gleich zwei Zielgruppen auf einmal und setzt mitten in das Schreckensszenario einen positiven Kontrapunkt.

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Krisen-Kommunikation während der Corona-Krise

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Neue Entscheider – neue Kommunikation